Am letzten Samstag, 6. Juni, sollte in Worms ein großangekündigter Nazi-Aufmarsch unter dem Titel „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) stattfinden. Unter diesem Label zieht die bundesdeutsche Nazi-Szene seit zwölf Jahren von Stadt zu Stadt, um ihre faschistischen Parolen auf die Straße zu tragen. Nachdem das Mobilisierungspotenzial des TddZs innerhalb der rechten Szene in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, sollte Worms der letzte Austragungsort des Nazi-Staffellaufs sein.
Im Vorfeld des TddZs hatten sich etwa 50 antifaschistische Organisationen aus ganz Südwestdeutschland als Bündnis „Block TddZ Worms“ zusammengeschlossen, um den TddZ zu blockieren und ihn so seinem gebührendem Ende zuzuführen.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie sorgte früh dafür, dass die Möglichkeiten zu den Gegenprotesten zu mobilisieren, stark eingeschränkt war und dennoch gelang es in vielen Städten, gemeinsame Zuganreisen zu organisieren und im Vorfeld ordentlich für diese zu werben.
Auch in Walldorf war dies der Fall und so konnten wir aus der Astorstadt und Umgebung mit einigen AntifaschistInnen nach Worms fahren. Spannend war hier auch, dass unsere Mobilisierung offenbar auch die lokalen Polizeibehörden erreicht hatten, die mit zwei Autos bereits am Walldorfer Bahnhof auf uns warteten, nach kurzer Zeit allerdings wieder von dannen zogen.
Nachdem wir in Mannheim auf viele weitere AntifaschistInnen getroffen waren, ging es für uns alle gemeinsam nach Worms.
Schon am Bahnhof zeigte sich, dass es ein kämpferischer Tag werden würde, denn sofort nach der Ankunft zogen die angereisten AntifaschistInnen unter lauten Parolen und wehenden Fahnen aus dem Bahnhof in die Straßen der Stadt hinein. Immer wieder wurde dort versucht, auf die Route der Nazis vorzustoßen und Blockaden zu bilden.
Dabei konnte die massiv präsente Polizei schon früh unter Beweis stellen, dass sie einmal mehr dazu bereit war, um jeden Preis den Aufzug der FaschistInnen durchzusetzen. An vielen Stellen gingen die Cops mit hoher Aggressivität äußerst brutal gegen die AntifaschistInnen vor, setzten den Schlagstock und auch das Pfefferspray ohne jedes Zögern gegen friedliche Demonstrierende ein und kesselte schließlich über Stunden mehrere hundert Antifas. Der Vorwurf, diese hätten sich nicht an die Corona-Schutzmaßnahmen gehalten, wurde dabei vollends ad absurdum geführt, schließlich waren es erst die Polizeikessel, die immer enger gezogen wurden, die das Abstandhalten verunmöglichten, Schutzmasken wurden dabei konsequent von den Demostrierenden getragen.
Hierbei ist es sicherlich interessant noch einmal hervorzuheben, wie wenig sich die lokalen Polizeibehörden in den letzten Wochen an „Corona-Demos“ störten, bei denen rechte Verschwörungsspinner und „besorgte BürgerInnen“ regelmäßig vollständig auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen verzichteten und wie wichtig ihnen diese jetzt zu seien scheinen.
Es ist anzunehmen, dass der Staat die Proteste gegen den TddZ dazu nutzen wird, AntifaschistInnen in den nächsten Monaten mit Repressionsmaßnahmen zu überziehen. Wenn ihr betroffen seid, dann meldet euch bei uns oder direkt bei eurer lokalen Roten Hilfe. Gegen Repression halten wir zusammen! Keine Aussagen bei der Polizei oder anderen Repressionsbehörden!
Letztlich können die massive Polizeigewalt und all die Repression aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass von Worms dennoch an diesem Tag ein starkes antifaschistisches Signal ausging, weil es einigen AntifaschistInnen tatsächlich gelang, einen Teil der Route zu blockieren und so die Nazis, die mit nur etwa 50 Personen einen absoluten Negativrekord in der Geschichte des TddZ aufstellten, nach wenigen hundert Metern Wegstrecke zum Umkehren zwangen.
Wir möchten allen Menschen danken, die diesen Erfolg ermöglicht haben, indem sie sich den Nazis, egal auf welche Weise, entschlossen entgegenstellt haben!
Der 6. Juni hat gezeigt, dass Antifaschismus weiterhin Handarbeit bleibt und dass wir uns nur auf uns selbst verlassen können, wenn wir die Nazis wirklich stoppen wollen. Die Cops stehen dabei nämlich auf keinen Fall auf unserer Seite, sondern prügeln den Nazis lieber den Weg frei.
Er hat auch gezeigt, dass es der antifaschistischen Bewegung im Südwesten trotz allen Widrigkeiten durch die Pandemie weiterhin gelingen kann, ihren Protest mit vielen Menschen erfolgreich auf die Straße zu tragen. Auf diesem Erfolg kann und muss nun aufgebaut werden, damit der Faschismus genau die Zukunft bekommt, die ihm zusteht: Gar keine!
In diesem Sinne: Mission accomplished! Nie wieder „Tag der deutschen Zukunft“!
Das Bild stammt von Sören Kohlhuber und wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.