Am Mittwoch, 26. Februar, fand auf dem Adenauer-Platz in Wiesloch eine Mahnwache statt, um den Opfern des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar in Hanau zu gedenken. Organisiert wurde die Kundgebung, an der sich mehrere hundert Menschen beteiligten, vom Wieslocher „Bündnis Demokratie & Toleranz“. Auch wir hatten im Vorfeld der Mahnwache zur Teilnahme aufgerufen und waren mit einem Transparent und einer Fahne gekommen.
Noch vor Beginn der Veranstaltung wurde uns von Seiten der VeranstalterInnen jedoch deutlich gemacht, dass man sich mit den Behörden darauf verständigt hätte, Fahnenstangen mit den an ihnen befestigten Fahnen bei der Mahnwache nicht zuzulassen. Warum dieser Schritt unternommen wurde, ist uns nicht bekannt. Wir vermuten aber, dass die VeranstalterInnen mit dieser Maßnahme politische Kontroversen vermeiden wollten.
Dieser Eindruck verfestigte sich im Laufe der Veranstaltung, bei der verschiedene Redebeiträge vorgetragen wurden. Sprechen durfte beispielsweise der Wieslocher Oberbürgermeister Elkemann, ein Vertreter der katholischen Seelsorgeeinheit Wiesloch-Dielheim und ein Vertreter der Walldorfer DITIB-Moschee. In ihren Beiträgen bekundeten alle RednerInnen ihre Betroffenheit über den Anschlag in Hanau und benannten diese ganz klar als rassistisch. Auch zu mehr gesellschaftlichem Zusammenhalt wurde immer wieder aufgerufen.
Wir begrüßen die eindeutige Benennung der Tat von Hanau als das, was sie ist – ein Akt rassistischen Terrors – und stellen uns hinter den Aufruf zu mehr gesellschaftlicher Solidarität.
Dennoch müssen wir auch Kritik üben: In keinem der Redebeiträge wurden wirklich Konsequenzen aus den Ereignissen in Hanau gezogen. Stattdessen blieb es bei mehr oder weniger unpolitischen Betroffenheitsbekundungen. Wenn Nazis aber mordend durch das Land ziehen, dann reicht es nicht aus, in Gedanken bei den Betroffenen rechten Terrors zu sein oder für diese zu beten. Um zu verhindern, dass der rassistische Terror weitere Opfer fordert, muss endlich entschlossen gehandelt werden: Nazi-Netzwerke, egal ob im Netz oder „offline“, müssen aufgedeckt, entwaffnet und zerschlagen werden. Die Bedrohung, die von rechtem Terror ausgeht muss endlich ernst genommen werden. Die Stimmen der migrantischen Communities, die täglich von Rassismus betroffen sind, dürfen nicht länger ignoriert werden.
Auch gilt es, diejenigen beim Namen zu nennen, die durch ihre Rhetorik und Politik den Boden für rassistischen Terror bereiten, weil sie gegen MigrantInnen und all jene hetzen, die nicht in ihr völkisch-rassistisches Weltbild passen. Die AfD betätigt sich als „geistige Brandstifterin“ und trägt eine Mitschuld an den Morden in Hanau und Halle, genauso wie am Anschlag auf Walter Lübcke im vergangenen Sommer. In den Redebeiträgen auf der Kundgebung fand die AfD jedoch keine Erwähnung. Stattdessen bemühte Bürgermeister Elkemann lieber die Extremismustheorie, indem er davon sprach, dass „jegliche Polarisierung“ der Gesellschaft Schaden zufüge. Die Extremismustheorie, nach der die „demokratische Mitte“ angeblich durch die beiden „Extreme“ von links und rechts bedroht sei, wird gerne genutzt, um engagierte AntifaschistInnen mit Nazis gleichzusetzen. Mit solchen Aussagen wird rechter Terror effektiv relativiert und verharmlost.
Im Gespräch mit den VeranstalterInnen machten wir unseren Standpunkt und unsere Kritik an der Gestaltung der Mahnwache deutlich. Hier wurde von Seiten der VeranstalterInnen betont, dass man den „friedlichen Charakter“ der Mahnwache wahren wolle und Redebeiträge mit einer klareren politischen Positionierung nicht zu diesem Konzept passen würden.
Wir halten diese Haltung der VeranstalterInnen für falsch. In der gegenwärtigen Situation, in der Rechtsradikale durch das Land ziehen und antisemitische und rassistische Mordanschläge verüben, ist es umso wichtiger ganz klar antifaschistisch Stellung zu beziehen. Ein Gedenken mit Kerzen, das versucht sich so unpolitisch wie möglich zu geben, um auch ja nirgendwo anzuecken, genügt in diesen Zeiten nicht.
Trotz all der Kritik, ist es uns auch wichtig, zu betonen, dass wir es begrüßen, dass in Wiesloch, im Gegensatz zu anderen Städten – darunter auch Walldorf – überhaupt der Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau gedacht wird. Auch freuen wir uns, dass trotz des kalten Wetters so viele Menschen am Mittwoch in Wiesloch auf die Straße gegangen sind, um ihre Anteilnahme und Solidarität mit den Opfern des rechten Terrors auszudrücken.